Hypothetisches Arzt-Patienten-Gespräch

Diese Patienteninformation ist Teil einer Reihe von hypothetischen Arzt-Patienten-Gesprächen mit Fachärzten der Thoraxchirurgischen Abteilung im Universitätsklinikum Erlangen und soll einen generellen Überblick über das Krankheitsbild der Hyperhidrose geben. Es stellt sich eine junge Frau im Alter von 27 Jahren vor, die vermehrt unter starken Schweißausbrüchen leidet, für die weder eine körperliche noch eine medikamentöse Ursache gefunden werden konnte (primäre Hyperhidrose). Unter beruflicher Anspannung fällt ihr das übermäßige, krankhafte Schwitzen besonders zur Last, aber auch vor Bekannten ist ihr die Problematik unangenehm, weshalb sie ihre sozialen Kontakte immer mehr einschränkt.

Arzt: Guten Tag, wie geht es Ihnen?

Patientin: Körperlich fehlt mir eigentlich nichts, dennoch fühle ich mich ausgesprochen unwohl.

Arzt: Was führt Sie in die Thoraxchirurgische Abteilung?

Patientin: Mein Dermatologe hat mich an Ihre Abteilung überwiesen, damit ich meine übermäßigen Schweißausbrüche weiter behandeln lasse, da alle bislang durchgeführten Behandlungen keinen Erfolg gebracht haben. Gerade im beruflichen Alltag stört es mich aber sehr und ich merke, dass ich Freunde und Bekannte meide, da mir vor ihnen das starke Schwitzen ziemlich unangenehm ist.

Arzt: Zuerst einmal leiden etwa 3 % der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland, oder rund 1 Million Menschen an krankhaft erhöhtem Schwitzen. Sie sind also durchaus nicht alleine mit Ihrer Problematik. Die Schweißdrüsen produzieren bei den betroffenen Menschen mehr Flüssigkeit, als für den physiologischen Regulationsmechanismus benötigt wird. Es liegt also durchaus eine „Fehlsteuerung“ der Schweißproduktion vor. Dabei können die Hände, Achseln und Fußsohlen oder auch das Gesicht betroffen sein. Die kalten, feuchten oder sogar nassen Hände können für Menschen wie Sie, die in ihrem beruflichen Alltag regelmäßig Hautkontakt mit anderen Menschen haben, zum ernsthaften Problem werden. Das der Situation nicht angemessene Schwitzen kann teilweise so stark sein, dass die Tropfen von den Händen hinab perlen. Das Selbstbewusstsein der Betroffenen leidet nicht selten sehr darunter und die Einschränkung der sozialen Kontakte ist die häufige Konsequenz. Damit wird die Erkrankung zu einer außerordentlichen psychischen Belastung für die Betroffenen, die von vielen als nicht behandelbar angesehen wird. Dabei ist das Gegenteil der Fall!

Patientin: Wie kann man diese Schweißausbrüche denn behandeln?

Arzt: Die Behandlung der „Fehlsteuerung“ richtet sich nach der Zielregion und ist nach dem Schweregrad der Schweißneigung gestaffelt. Zu Beginn der Therapie und bei weniger schweren Fällen werden häufig Salben und Deodorants eingesetzt, die z.B. Aluminiumchlorid enthalten. Das Aluminiumchlorid verengt und verstopft den Austrittskanal der Schweißdrüsen. Als sehr effektive Therapiemöglichkeit wird die Leitungswasser-Iontophorese an den Händen und Füssen gegen übermäßiges Schwitzen eingesetzt. Dabei werden mit Hilfe von Elektroden ungefährliche Ströme durch die betroffenen Körperregionen geleitet und so die Schweißdrüsenfunktion reguliert. Diese Therapie wird über einen längeren Zeitraum regelmäßig durchgeführt und muss vor allem am Anfang täglich wiederholt werden. Außerdem kommt Botulinumtoxin vor allem beim Schwitzen im Achselbereich zum Einsatz. Das Botulinumtoxin wird unter die Haut injiziert, die dadurch erreichte Nervenblockade ist reversibel und wirkt zunächst für die Dauer von mehreren Monaten. Danach ist die Behandlung jedoch zu wiederholen. Wenn diese Methoden nicht den erwünschten Effekt bringen, kann die chirurgische Behandlung für viele Betroffene einen möglichen wirkungsvollen Therapieansatz bedeuten. Hier sollten zwei chirurgische Verfahren unterschieden werden. Die erste Methode ist die endoskopische Sympathikus-Blockade, die vor allem bei Patienten mit Hyperhidrose im Bereich der Hände gesondert oder in  der Kombination mit anderen Hyperhidrose-Formen notwendig sein kann. Zusätzlich kann diese endoskopische Blockade bei Patienten mit Gesichtshyperhidrose und/oder Erröten  eingesetzt werden. Bei Vorliegen einer axillären Hyperhidrose wird eher zu einer operativen Schweißdrüsen-Entfernung angeraten, die mittels Schweißdrüsen-Saugkürettage erreicht wird. Die endoskopische Sympathikusblockade wird bei axillären Hyperhidrose eher in Ausnahmefällen mit einer ausgeprägten und therapierefraktären Form empfohlen.

Patientin: Wie kann das übermäßige Schwitzen denn operativ eingeschränkt werden?

Arzt: Wie bereits erwähnt, kann die minimal-invasive endoskopische Sympathikusblockade im Brustkorb vor allem den Menschen mit übermäßigen Schwitzen im Bereich der Hände, Achseln und zum Teil im Gesicht angeboten werden. Diese Methode wird seit vielen Jahren bei uns in Erlangen erfolgreich durchgeführt und erreicht eine dauerhaft trockene Haut in der betroffenen Region. Über zwei 5 Millimeter kleine Schnitte im Bereich der Achselhöhle (siehe Foto) wird eine spezielle, wenige Millimeter dünne Kamera eingebracht und ermöglicht den gezielten Zugang zum Sympathikus im Brustkorb. Im Gegensatz zu einer invasiveren Sympathektomie werden die Nervenbündel, die die Nervenganglien untereinander verbinden, nicht durchtrennt. Die Sympathikusblockade wird durch die Applikation von mehreren Clips erreicht, die den Stromfluss in diesem Bereich unterbrechen. Das hat besondere Vorteile für die Betroffenen. Das Auftreten vom kompensatorischen Schwitzen wird zwar nicht vollständig verhindert, die Wahrscheinlichkeit des Auftretens wird aber entscheidend gesenkt. Die intern bei uns durchgeführten Nachuntersuchungen zeigen, dass das Ausmaß und der Schweregrad im Vergleich zu anderen konventionellen Methoden deutlich geringer ausfallen.
 

Die axilläre Hyperhidrose wird direkt und gezielt durch die Schweißdrüsenentfernung behandelt, die mit möglichst umfassender Reduktion an Schweißdrüsen einhergeht. Der Vorteil dieser Technik liegt darin, dass einerseits ein Eingriff im Brustkorb vermieden werden kann. Denn sowohl die endoskopische Sympathikusblockade als auch die axilläre Schweißdrüsenkürettage erreichen vergleichbar gute Ergebnisse. Andererseits richtet sich die Planung der Operation an der visuellen Darstellung der Schweißbildung, so dass das zu behandelnde Hautareal sichtbar gemacht und damit gut eingegrenzt werden kann.

Patientin: Kann ich mich sofort für eine Operation entscheiden?

Arzt: Die allgemein geltenden Behandlungsrichtlinien sehen die Operation als letzte Behandlungsstufe vor. Eine Ausnahme kann jedoch dann bestehen, wenn aus Sicht des behandelnden Dermatologen oder anderer ärztlicher Kollegen die Aussicht auf eine erfolgreiche konservative Therapie gleich zu Beginn der Behandlung als gering eingeschätzt wird. Eine weitere Möglichkeit liegt dann vor, wenn mehrere benachbarte Körperregionen betroffen sind, die der endoskopischen Sympathikusblockade durch einen thoraxchirurgischen Eingriff gut zugänglich sind.

Patientin: Wie lange dauert ein solcher operativer Eingriff?

Arzt: Die Reduzierung der Schweißproduktion in der Zielregion wird direkt nach einer etwa zwanzigminütigen Operation erreicht. Die Dauer der gesamten stationären Behandlung beträgt für beide operative Maßnahmen etwa 2-3 Tage.

Patientin: Ist eine Operation bei mir sinnvoll und wenn ja welche?


Arzt: Im Rahmen des ambulanten Vorgesprächs findet eine ausführliche Aufklärung der Betroffenen über die noch bestehenden alternativen Behandlungsmöglichkeiten und die Notwendigkeit zur endoskopischen Sympathikusblockade statt. Die Patientenbetreuung wird von, auf diesem Gebiet spezialisierten Ärzten übernommen und anhand eines speziell entworfenen Fragebogens durchgeführt.

Patientin: Wer trägt die Kosten für die Behandlung?

Arzt: Die Kosten der stationären Behandlung für beide operative Behandlungsmethoden  werden durch die gesetzliche Krankenkasse abgedeckt.

Patientin: Vielen Dank für die ausführliche Beratung!

Arzt: Gern geschehen und treffen Sie Ihre Entscheidung ganz in Ruhe.