Hypothetisches Arzt-Patienten-Gespräch

Diese Patienteninformation ist Teil einer Reihe von hypothetischen Arzt-Patienten-Gesprächen mit Fachärzten der Thoraxchirurgischen Abteilung im Universitätsklinikum Erlangen und soll einen generellen Überblick über das Krankheitsbild der Trichterbrust geben. Es stellt sich ein junger Mann im Alter von 23 Jahren vor, der seit der Geburt an einer eingesunkenen und deformierten Brustwand leidet und in letzter Zeit vermehrt Rückenbeschwerden aufgrund seiner schlechten Körperhaltung hat.

Arzt: Guten Tag, wie geht es Ihnen?

Patient: Den Umständen entsprechend geht es mir eigentlich ganz gut.

Arzt: Was führt Sie in die Thoraxchirurgische Abteilung?

Patient: Mein Hausarzt hat mich an Ihre Abteilung überwiesen, damit ich Ihnen meine Trichterbrust vorstelle. Ich habe mehr und mehr das Gefühl, dass sie die Ursache für meine schlechte Körperhaltung und die immer wieder auftretenden Rückenschmerzen ist.

Arzt: Das ist durchaus möglich. Die Trichterbrust ist eine häufige genetisch bedingte Fehlbildung der vorderen Brustwand, deren Ursache in einer krankhaften Veränderung der Knorpelverbindungen zwischen Brustbein und Rippen liegt. Das kann in der Folge zur Eindellung bzw. zum Einsinken der Brustwand führen. Abhängig von der Tiefe des Trichters kann es zu körperlichen Beschwerden kommen, nicht selten wird ebenfalls die resultierende Fehlstellung der Rippen auf die Wirbelsäule übertragen und kann so zu Fehlhaltungen führen.

Patient: Ich kenne meinen Brustkorb gar nicht anders, die Beschwerden haben sich jedoch erst in den letzten Jahren entwickelt.

Arzt: Eine Trichterbrust ist meist schon direkt nach der Geburt zu erkennen und prägt sich dann in den folgenden Körperwachstumsphasen, einschließlich der Pubertät, weiter aus. Allerdings sind Kinder und Jugendliche oft beschwerdefrei, weil der Brustkorb noch elastisch ist und sich Herz und Lunge dem niedrigeren Platzangebot anpassen. Beschwerden können sich aber durchaus mit steigendem Alter noch entwickeln, wie es bei Ihnen offensichtlich der Fall ist.

Patient: Und wie kann man eine Trichterbrust behandeln? Wann ist eine Behandlung denn sinnvoll?

Arzt: Grundsätzlich gilt, dass bei Beschwerdefreiheit und vor dem 14.-15. Lebensjahr selten Handlungsbedarf besteht. Aus medizinischer Sicht ist eine Korrektur der Trichterbrust daher meist nicht nötig. Im Fall des Auftretens von körperlichen Symptomen bspw. durch die Verdrängung des Herzens oder anderer Organe kann eine operative Korrektur der Trichterbrust allerdings tatsächlich notwendig werden.

Während sich im Kindesalter vor allem Zurückhaltung, regelmäßige Verlaufskontrollen sowie Physiotherapie und Haltungstraining empfiehlt, sind bei Jugendlichen und Erwachsenen zusätzlich Muskel- und Konditionstraining sinnvoll. Die auftretenden psychisch-kosmetischen Belastungen für die Betroffenen sind jedoch auch nicht zu unterschätzen, sodass eine operative Korrektur der Trichterbrust sinnvoll werden kann. Die Betroffenen sollte vor der Operation aber in jedem Fall alt genug sein, um die Entscheidung selbst mittragen zu können.
In unserer Abteilung legen wir daher sehr großen Wert auf eine patientenbezogene Behandlung auf Basis einer Stufentherapie, um die angemessene Form der Therapie und ggf. der Operation individuell zu bestimmen.

Patient: Wie wird eine Trichterbrust bei Ihnen operativ korrigiert?

Arzt: Das Ziel des operativen Eingriffes ist die bestmögliche Korrektur der Trichterbrust unter Vermeidung von großen Operationsnarben. Konventionelle Operationsmethoden werden daher immer seltener angewandt, viel häufiger kommen minimal-invasive Verfahren zum Einsatz, deren Ergebnisse mit denen nach einer offenen Operation vergleichbar sind, jedoch aufgrund der kleineren Schnitte besser vertragen werden.

Nach unserer Erfahrung ist die minimal-invasive Trichterbrustkorrektur nach Nuss (MIRPE) die schonendste und am häufigsten angewandte Operationsmethode. Weitere offene Operationsmethoden, wie die Sternochondroplastie (Erlanger Methode), eine Weiterentwicklung der offenen Operation nach Ravitch, werden heutzutage seltener und nur nach individualisierter Indikation durchgeführt. Beide Verfahren werden unter Vollnarkose und umfangreichen anästhesiologischen Maßnahmen durchgeführt.

Bei der Nuss-Methode werden die verformten Rippenknorpel mit einem hinter das Brustbein eingebrachten Metallbügel gebogen und so das Brustbein nach außen gedrückt. Der Metallbügel wird präoperativ exakt angepasst und über zwei kleine Schnitte an der seitlichen Brustwand sowie unter thorakoskopischer Kontrolle hinter das Brustbein geschoben. Dort verbleibt er 3-4 Jahre, bis er wieder operativ entfernt wird und die neue Form der Brustwand weitgehend erhalten bleibt. Die Nuss-Methode setzt jedoch eine noch elastische Brustwand voraus und ist deswegen die Methode der Wahl beim jungen Patienten, wie es bei Ihnen der Fall ist.

Die offene Methode eignet sich, im Gegensatz zur Nuss-Methode, für alle Altersgruppen und ist sowohl auf symmetrische als auch asymmetrische Brustwanddeformitäten anwendbar. Dabei wird die Brustwand über einen fünf bis zehn Zentimeter langen Schnitt über dem Brustbein mobilisiert, indem Rippenknorpel und Muskeln freigelegt und eingekerbt werden. In Folge lässt sich das Brustbein durch ein bis zwei leichte Metallbügel, die über einen Schnitt in der seitlichen Brustwand eingebracht werden, stabilisieren. Bereits nach einem Jahr können die Metallbügel wieder operativ entfernt werden. Die signifikante Verkürzung des Klinikaufenthaltes auf 6-11 Tage und die guten Langzeitergebnisse sprechen für die offene Methode.

Patient: Welche Risiken birgt eine Operation?

Arzt: Wie jeder operativer Eingriff birgt die Trichterbrustkorrektur natürlich eine Reihe von Risiken. Nicht gänzlich auszuschließen ist daher die Möglichkeit von Wundheilungsstörungen durch mechanische Einflüsse und Infektionen der Wunden. Schwere Infektionen und allergische Reaktionen auf die eingesetzten Metallbügel mit der Folge einer vorzeitigen Entfernung treten jedoch ausgesprochen selten auf. Sollte bei Ihnen eine Nickelallergie vorliegen besteht die Möglichkeit der alternativen Implantation von Titanbügeln.

Postoperativ können kurzzeitig Schmerzen auftreten, welche in Zusammenarbeit mit der Schmerzambulanz unseres Hauses aber äußerst effizient behandelt werden.

Patient: Und was passiert nach der Operation?

Arzt: Abhängig von der angewandten Korrekturmethode kann der postoperative Klinikaufenthalt 6-11 Tage bzw. bis zu mehreren Wochen betragen. Eine Mobilisierung ist prinzipiell vom ersten Tag an möglich, wobei in den ersten 8-12 Wochen nach der Operation körperliche Belastungen, die mit extensiven Drehbewegung des Oberkörpers einhergehen, zu vermeiden sind.
Röntgenkontrollen der Brustwandkorrektur sollten in regelmäßigen Abständen erfolgen und eine physiotherapeutische Betreuung zur Kräftigung der Muskulatur wird ebenfalls angeraten. Nach drei Monaten ist eine volle Belastung des Oberkörpers nicht mehr ausgeschlossen, jedoch empfehlen wir eine vorherige Stabilitätsprüfung.

Nach 3-4 Jahren (Nuss-Methode) bzw. 1 Jahr (offene Methode) erfolgt ein abschließender operativer Eingriff zur Entfernung der Metallbügel.

Patient: Vielen Dank für die ausführliche Beratung!

Arzt: Gern geschehen und treffen Sie Ihre Entscheidung ganz in Ruhe.